Fachrunde Bauen in der Krise?

Bezahlbares und nachhaltiges Bauen in Zeiten von Personalmangel und explodierenden Materialpreisen.

Am vergangenen Donnerstag lud die CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Natalie Pfau-Weller zur Podiumsdiskussion mit der Bauministerin des Landes Baden-Württemberg, Nicole Razavi MdL, Herrn Bürgermeister Rainer Haußmann (Dettingen), Herrn Hans-Peter Birkenmaier (Fa. Wohnbau Birkenmaier) und Herrn Stephan Schmitzer von der Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen in die Schlossberghalle nach Dettingen ein.

Ist nachhaltiges, bezahlbares Bauen heute überhaupt noch möglich? Mehr als sechzig interessierte Gäste, darunter Wohnbauunternehmen, Bauunternehmer, Immobilienexperten, Bürgermeister, Vertreter der Banken, Architekten und viele mehr folgten der Einladung Pfau-Wellers und lauschten den Diskussionsbeiträgen, unterteilt in die vier Themenblöcke Baukosten, Förderprogramme, Arbeitskräfte und Flächenverbrauch.
Die Situation sei prekär, so Bauministerin Razavi. „Die Probleme, Schwierigkeiten und Herausforderungen im Bereich Bauen sind vielschichtig. Der Krieg in Europa, die Nachwehen der Corona-Pandemie sowie vom Bund gestrichene oder stark gekürzte Förderprogramme führen zudem zu einer weiteren Verunsicherung. Geplante Projekte liegen auf Eis, wir befinden uns in einer sehr schwierigen Situation.“ Die Politik sei sich der Problematik bewusst, so Ministerin Razavi weiter. Die Bauministerkonferenz habe kürzlich darüber beraten, wie die Maßnahmen aus dem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ in den Ländern aufgegriffen und wo gemeinsame Schwerpunkte gesetzt werden können. „Für mich kommt es dabei auf den Dreiklang an aus Entlasten, Beschleunigen und Fördern. Wir müssen Anforderungen finden und festlegen, die Energie einsparen und das Klima schützen, ohne das Bauen immer weiter zu verteuern. Wir müssen zu Bedingungen in Baurecht und Verwaltung kommen, die Bauen ermöglichen und nicht ausbremsen. Und wir müssen tatkräftig und verlässlich fördern – und das auch deutlich über den klassischen sozialen Wohnungsbau hinaus,“ so Razavi.

Rainer Haußmann sieht großes Potential im Bestand. „Natürlich kann man am nachhaltigsten auf neuer Fläche bauen, aber wir müssen uns insbesondere auch um den Bestand kümmern. Dazu braucht es Anreize und Fördermöglichkeiten,“ so der Dettinger Bürgermeister.

Für Hans-Peter Birkenmaier sind unter anderem verschiedene Gesetze und Verordnungen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene für die immer weiter steigenden Baukosten verantwortlich. „Insbesondere „unnötige“ Baunormen, Auflagen und Materialanforderungen sorgen für eine wahnsinnige Kostensteigerung,“ berichtete der Geschäftsführer der Wohnbau Birkenmaier GmbH.

Auch Stephan Schmitzer von der Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen wünscht sich mehr Anreize, damit der dringend benötigte Wohnraum auch bezahlbar sei. „Der geförderte Wohnungsbau darf nicht weiter einbrechen. In dem Thema liegt ein ungeheuer sozialer Sprengstoff – das Problem des bezahlbaren Wohnens ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“

Auch aus dem Publikum kamen viele konstruktive und engagierte Wortmeldungen und Fragen. Es herrschte Einigkeit über die Dringlichkeit der Thematik und dem Wunsch, neue Wege zu finden, die den Kommunen des Landes auf dem Weg zu mehr bezahlbarem, sozial gemischtem Wohnraum gerecht würden und zugleich innovatives Planen und Bauen beförderten. „Jede Wohnung zählt“, so die Bauministerin. Jetzt sei es an der Zeit, Mut zu haben, neu zu denken. Es gäbe viele innovative Ansätze für bezahlbares Wohnen, gemeinschaftliche Wohnformen und Quartiersprojekte.
Dr. Natalie Pfau-Weller bedankte sich bei den Zuhörern und den Teilnehmern der Fachrunde für die wertvollen Beiträge und hofft, mit der Veranstaltung ein paar Impulse gegeben zu haben, um Hürden und Hemmnisse auf dem Weg zu mehr Wohnraum zu überwinden.